Interview mit Marina Kaiser-Waidele zum Thema Quartiersmanagement
Frau Kaiser-Waidele, Sie sind mit ihrem Aufgabenfeld als Quartiersmanagerin nicht nur bei der Sozialgemeinschaft Schiltach/ Schenkenzell e.V. (SGS), sondern überhaupt ein Novum im Bereich Pflege. Was ist Quartiersmanagement?
Marina Kaiser-Waidele: Quartiersmanagement trägt generell zur sozialen Stabilisierung der Gesellschaft bei. In unserem Fall ist das Ziel eine vermittelnde Rolle zwischen Quartier und bestehenden Quartierseinrichtungen wie beispielsweise Vereine, Kindergärten, Schulen, Wirtschaftsunternehmen, Verwaltung.
Eine Aufgabe unseres Quartiersmanagements ist die Feststellung von Bedürfnissen im Quartier, Entwicklungen von Lösungen, wie beispielsweise effiziente Kooperationen und Kontaktaufnahme. Es geht um Vernetzung, Synergienutzung, Einbettung in das Alltagsleben eines Quartiers vor allem durch die Einbindung aller Altersgruppen.
Ist Quartiersarbeit nicht für gewöhnlich ein Aufgabenfeld kommunaler Verwaltungen?
Ja – noch. Doch auch für Pflegeeinrichtungen kann Quartiersmanagement eine Möglichkeit sein, Ideen und Ansätze als Pflegeeinrichtung, in unserem Fall sowohl in der Stadt Schiltach und den umliegenden Gemeinden als auch über die Landkreisgrenzen hinaus, anbringen können. Das eröffnet uns die Möglichkeit die SGS als Unternehmen in alle Richtungen zu öffnen und stärker in den Alltag der Schiltacher und Schenkenzeller und überhaupt in eine Gesellschaft zu integrieren.
Ist der Betrieb eines Pflegeheims nicht per se kostenintensiv? Ist da denn noch Geld für ein Experiment wie Quartiersmanagement übrig?
Die Stiftung Deutsche Fernsehlotterie gewährt durch ihre Förderung finanzielle Unterstützung. Damit dürfen wir zunächst ausprobieren, ob sich Quartiersmanagement als Werkzeug zum Vorteil der Gesellschaft in unserem Umfeld sowie unseres Vereins und damit auch der Pflege nutzen lässt.
Können sie ein konkretes Beispiel nennen?
Nehmen wir als Beispiel die Nachbarschaftshilfe. Gerade in einer infrastrukurell schwachen Umgebung wie dem ländlichen Raum kann die Selbstfürsorge schwierig werden, beispielweise durch Krankheit, Zeitmangel oder Aufgabenvielfalt. Das gilt nicht nur in der eigenen Gemeinde, sondern für den gesamten Landkreis. Die SGS- Nachbarschaftshilfe an sich und eine Kooperation von Nachbarschaftshilfevereinen angrenzender Kommunen könnte Versorgungslücken auch über Grenzen hinaus schließen.
Wie geht die SGS beim Quartiersmanagement vor?
Wir haben zunächst drei Quartiere definiert: Quartier eins ist der Bereich Pflegeheim Gottlob-Freithaler-Haus, der die Pflegeversorgung der älteren Generation in direkter Nähe garantiert. Quartier zwei ist das unmittelbare Umfeld, auch über Kommunen- oder Landkreisgrenze hinaus, was beispielsweise die Aufgaben im Bereich Ambulanter Dienst, Menü für Zuhause oder Nachbarschaftshilfe betrifft. Die Aufgaben im Quartier 3 können Kooperationen mit Landratsämtern, weiteren Pflegeeinrichtungen Wirtschaftsunternehmen oder Vereinen und vieles mehr sein. An diesen Stellen könnten beispielsweise Synergien zur Fachkräftegewinnung entstehen, wie die langfristige Pflegekampagne mit dem Landkreis Rottweil.
Geben Sie konkrete Beispiele, was ein Netzwerk im Sinn von Quartiersmanagement bei der Sozialgemeinschaft bereits bewirkt?
Die Stadt- und Feuerwehrkapelle Schiltach gab einen Einblick in ihren Probenalltag – im Schlossbergsaal des Pflegeheims. Das Ziel war einerseits die Probenstunde der Musiker in einem geeigneten Probenlokal abzuhalten, aber auch Jung und Alt, sowie Musiker und Bürger – in diesem Fall die Pflegeheimbewohner – im Rahmen eines alltäglichen Gemeindelebens zu vereinen. So ist es auch bei Besuchen des Kindergartens und der Schulen, die ihren Alltag zweitweise mit Aktionen im GFH gemeinsam mit Bewohnern leben. Oder die geplante partnerschaftliche Aktion der Bürgerbegegnungsstätte „Treffpunkt“ mit der Sozialgemeinschaft. Am Sonntag, 14. Juli, feiern die einen das „Fest der Kulturen“ und die anderen „20 Jahre Tagespflege OASE“ mit einem Tag der offenen Tür auch im Pflegeheim. Eine gemeinsame Veranstaltung der benachbarten Einrichtungen spricht ein größeres Publikum an, verbindet mehr Menschen miteinander und vereint wieder alle Generationen – in und außerhalb des Pflegeheims.
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